Jessica Sehrt (k)

3D Animationen und Simulationen als biologisches Forschungstool

Diplom Gestaltung
Prof. Alex Oppermann

1. November 2018

Die gestalterische Arbeit ist eine Zusammensetzung aus Mikroskopieaufnahmen und der Übersetzung dessen, was beobachtet wurde in 3D-Animationen. Die Mikroskopieaufnahmen finden sich in den Hintergründen und den Texturen der 3D-Animationen. Im Konkreten geht es bei dieser Beobachtung um den Sporenabwurf der Pilze, im Besonderen der Unterart der Basidiomycota. Sie bilden eine ganz bestimmte Funktion für den Sporenabwurf aus, der nur über eine Jahrtausende alte Evolution hinweg entstehen konnte und der auf der ganz speziellen Form der Basidien beruht. Diese sitzen im Pilzhut zwischen den Lamellen und werden durch die Anlagerung mikroskopisch kleiner Tautropfen dazu bewegt, abzuspringen. Aus den abgesprungenen Sporen wachsen dann die unterirdischen Hyphen, das Geflecht, das den eigentlichen Pilz ausmacht. Die Hyphen bilden das Myzel, aus dem quasi die Wurzeln, aber auch die Pilzfrucht besteht. Im Hut der Pilzfrucht entstehen dann wieder Basidien aus diesem Geflecht heraus, und so geht das Ganze quasi von vorne los.

Die unter dem Mikroskop beobachteten Proben sind sehr vergänglich, was wir hier unter dem Mikroskop sehen, wird in zwei Stunden schon vertrocknet sein, da man sie sehr dünn schneiden muss. Man kann die Proben anfärben, um die Strukturen besser sehen zu können, daher kam auch die Inspiration zur roten Färbung gewisser Teile des 3D-Films. Alle Pilze der Gruppe Basidiomycota, zu denen auch der haushaltsübliche Champignon gehört, haben die Struktur der Basidien. Und genau diese Funktion soll im Film visualisiert werden. Die Formen variieren leicht, aber es könnte quasi jeder Pilz sein. Es hat sich gezeigt, dass die dreidimensionale Interpretation von Mikroskopieaufnahmen in eine Animation und Simulation auch wieder erneute Fragen aufwirft, darüber wie genau sich Teile verhalten, – aus welchem Material sie wohl genau sind, wenn sie sich so oder so verhalten bzw. verformen können. In der Betrachtung der zweidimensionalen Einzelaufnahmen aus der Forschung stellen sich solche Fragen nicht unbedingt, und die Übersetzung in bewegte 3D-Formen macht so einen weiteren Sinn über die reine Visualisierung hinaus. So können gezielt Beschaffenheiten der Proben beobachtet werden und in Folge dessen direkt nach gewissen Aspekten hin orientiert, die Proben präpariert werden. Da diese Präparation wie gesagt sehr aufwendig ist und die Proben sehr vergänglich sind, macht eine vorherige Kategorisierung der relevanten Fragen in einer digitalen, leicht variierbaren Version sehr großen Sinn. Und tatsächlich ist ein rendernder PC auch ein idealer Wärmeinkubator für Petrischalen mit Pilzmyzelen.

Biomimetische Modelle und organismische Metaphern im Werk Tomás Saracenos Prüfer

Diplom Theorie
Prof. Dr. Christian Janecke

Die Arbeiten Tomás Saracenos umspannen verschiedene Medien wie Skulptur, Fotografie und Video bis hin zu Architektur und Konstruktionszeichnung. Seine zentralen Arbeiten entfalten sich als betretbare Installationen, die ganze Museumshallen ausfüllen. Ihre organische Formensprache erinnert an verwachsene Zellhaufen, Seifenblasen, Netzstrukturen und Pflanzenfasern. Sie entstehen in einer Auseinandersetzung mit biologischen und physikalischen Erkenntnissen. Befürworter_innen seiner Position rezipieren seine Arbeiten als biomimetische Modelle für eine zukünftige, postfossile Gesellschaft, der es darum geht, der Natur und ihren Formen eine Verwertbarkeit für den Menschen zu entlehnen. Demgegenüber steht die Rezeption seiner Arbeit als eine organismische Metapher dieser zukünftigen Gesellschaft. – Diese Annahmen sollen in der folgenden Arbeit genauer untersucht und hinterfragt werden. Es erfolgt zunächst eine Darstellung und Erläuterung beispielhafter Werke innerhalb der werkseitigen Kontextualisierung des Oeuvres von Seiten des Studio Saraceno selbst und die damit verbundene Einflussnahme auf die Wahrnehmung der Arbeiten als Modelle oder Metaphern. Sollte die konstruktive Modellbildung tatsächlich der vom Künstler angedachte Schwerpunkt sein, wäre die Frage zu beantworten, wohin uns dieses Modell denn überhaupt trägt. Sollte der angedachte Schwerpunkt eher eine metaphorische Darstellung sein, wäre zu beantworten, welche Ideen denn überhaupt hinter diesen Bestrebungen stecken. Abschließend wird untersucht werden, wie tragfähig die Konzepte Modell und Metapher für das diskutierte Oeuvre wirklich sind und wo sie an ihre Grenzen stoßen. Darüber hinaus macht sich die Arbeit zum Ziel in der kreativen Modellbildung an sich mögliche Ideen und Aspekte auszumachen, die für die Idee eines zukünftigen menschlichen Daseins produktiv gemacht werden könnten, aber nur im Falle von Tomás Saracenos Arbeit nicht entwickelt worden sind.

 

Diplomnebenfach

cv

1984 Geboren in Lich

2005 bis 2010 Studium HfG Offenbach bei Heiner Blum, Ulrike Gabriel

2009 bis 2010 Studium Freie Bildende Kunst Universität der Künste Berlin bei Thomas Zipp

2010 bis 2014 Studium HfBK Städelschule Frankfurt bei Christa Näher und Judith Hopf

2014 Meisterschülerin HfBK Städelschule Frankfurt

2016 bis 2018 Studium HfG Offenbach bei Alexander Oppermann

2018 Diplom HfG Offenbach

2013 bis 2015 Ergänzende Studien Goethe-Universität Frankfurt, Fachbereich Biowissenschaften