Dennis Siering (k)

No Maps for These Territories

Diplom Gestaltung
Prof. Susanne Winterling

Diplom Theorie
Prof. Dr. Marc Ries

1. November 2018

In Anbetracht ihrer Beschaffenheit als eine Anordnung komplexer Systeme und deren Tendenz zu spontanen Interaktionen zeigt sich die Erschließung der gegenwärtigen Welt in grundlegender Weise an den kontinuierlichen Gebrauch von physischen und simulatorischen Modellen gebunden. Indem sie die Prinzipien der Realität in einen für den Menschen erschließ- und analysierbaren Maßstab übersetzen, eignen sich Modelle hierbei gleichermaßen als künstlerisches wie auch wissenschaftliches Erkenntnisinstrument. Die experimentelle Aktivierung eben dieser Potenziale lässt zugleich auch als ein wesentlicher Ausgangspunkt der Arbeit No Maps for These Territories (2018) des Künstlers Dennis Siering markieren. So findet sich in seinem Werk eine Reihe quadratisch gehaltener und modular angelegter Elemente, die in ihrer Formgebung auf den Abgüssen eines echten Riffgesteins basieren. Doch nicht nur wird ihr scheinbar serieller Charakter bei näherer Betrachtung stetig durch minimale Farb- und Materialakzentuierungen gebrochen, sondern im selben Moment nehmen die Module aus dieser Perspektive das rätselhafte Wesen ausschnitthafter Miniaturlandschaften an. Eine kontrastierende Verstärkung erfährt dieser Eindruck des Natürlich-Organischen nicht zuletzt durch die technoide Ästhetik der schmalen Aluminiumrohre, welche die einzelnen Module in der Logik einer unbekannten Meta-Struktur verbinden. Mag dieses relationale Gefüge einerseits unmittelbare Assoziationen zu den Schaltkreisen von Computern und deren durch Leitdrähte und Chips gesteuerten Interaktionen wecken, so deutet sich darin jedoch ebenso die bisher noch ausstehende Realisation eines tatsächlich symbiotischen Systems zwischen Organischem und Anorganischem an. Im Gegensatz zu Modellentwürfen, die sich auf eine reine Interpretation unserer Gegenwart beschränken, rückt Sierings Werk somit also vielmehr modellhaft eine zukünftige Gegenwart in den Mittelpunkt. In Gestalt eines spekulativen Prozesses wird seine Arbeit dabei letztlich als Prototyp eines neuen Systems der Wirklichkeit lesbar, das zahlreiche zentrale Fragestellungen zur Diskussion stellt. Wie können die beiden Bereiche von Natur und Technik langfristig in den Zustand eines symbiotischen Austausches überführt werden? Inwiefern ließen sich vor diesem Hintergrund produktive Transferpunkte zwischen Materialität und Virtualität denken? Und ist eine zukünftige Realität vorstellbar, in der sich die Konzepte von absolutem und relationalem Raum schließlich zu einer gänzlich neuen Form der Räumlichkeit verschränken?

(Text: Stefan Vicedom)

cv

1983 geboren in Solingen. Lebt und arbeitet in Frankfurt und Offenbach am Main.

2011 bis 2015 Studium an der HfG Offenbach bei Prof. Wolfgang Luy

2014 bis 2016 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Hubert Kiecol

2016 bis 2018 Studium an der HfG Offenbach bei Prof. Susanne Winterling

2014 und 2018 Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes