Imke Greitzke, Maria Thrän (k)
Os/2-in-1, CODEx 1001
Imke Greitzke
Diplom Gestaltung
Prof. Gunter Reski
Diplom Theorie
Prof. Dr. Juliane Rebentisch
Maria Thrän
Diplom Gestaltung
Prof. Heiner Blum, Prof. Alex Oppermann
1. November 2018
Die gemeinsame Ausstellung von Imke Greitzke und Maria Thrän setzt an der Frage nach der scheinbaren Unvereinbarkeit bestimmter künstlerischer Medien in ein- und derselben Ausstellung an. Konkret geht es um das Ineinander einer mit Verdunkelung arbeitenden Filminstallation und der ansonsten konventionell auf weiße Wände und gute Ausleuchtung angewiesenen Malerei. In einer Überblendung oder Verblendung der Ansätze beider Künstlerinnen wird das Werk, zu einem Organismus, der gerade darum lebendig erscheint, weil er aus einander potentiell zu Störfaktoren geratenen Elementen besteht. Die gegenseitige Behauptung im jeweils eigenen Medium und zugleich die Bereitschaft, zu kooperieren, Kompromisse einzugehen und in der gemeinsamen Präsentation etwas Neues, Unerwartetes entstehen zu lassen, ist zentral für die Zusammenarbeit.
Gemeinsames Motiv beider Künstlerinnen bildet das Loch:
So tritt Imke Greitzkes zwischen Figürlichkeit und Abstraktion changierende Malerei in Reaktion auf die Arbeiten der Malerin Nicole Eisenmans in eine Art Dialog über schwarze Löcher. Die ambivalente Abstoßung und Anziehungskraft organischer Körperöffnungen spielt hier ebenso große Rolle wie die assoziative Wandlungsfähigkeit runder Formen im Bild, als dunkle Sonnen oder Bälle, mit denen es zu interagieren gilt, im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne eines Jonglierens mit unbekannten Problemen und Herausforderungen, für welche die schwarze Kugel zur Metapher werden könnte.
Maria Thrän wiederum zeigt in ihrer technologisch halb nostalgisch, halb futuristisch anmutenden Licht- und Soundkonstruktion analoges Filmmaterial, das auf die Malereien Imke Greitzkes projiziert wird. Die Bildinformation ist dabei zugleich durchlöchert und neu angereichert: Basierend auf einer Detailaufnahme eines Gemäldes von Imke Greitzke wurde die daraus gewonnene digitale Bildinformation in einen binären Code transformiert. Diese spezifische Folge von Einsen und Nullen, in die das Gemälde verwandelt wurde, wird nun gedacht als Muster aus Löchern und Nicht-Löchern, die Maria Thrän in den Filmstreifen nadelt. Die mit Verschiebungen einhergehende Übersetzung von Bildinformationen in verschiedene Medien, die sich gegenseitig aufnehmen, einander überlagern, stören und doch erst zusammen atmosphärisch zu einem Raum fügen, bildet den Ansatz der gemeinsamen Arbeit.
(Text: Ellen Wagner)
Von der Fläche in den Raum und wieder zurück. Reflexion geistiger und physischer Bewegung im ästhetischen Erfahrungsraum der Installationen von Duchamp, Sandback, Bulloch
Maria Thrän
Diplom Theorie
Prof. Dr. Juliane Rebentisch
Die Diplomarbeit von Maria Thrän Maria widmet sich den Weisen, wie in der Geschichte derInstallation das Spannungsverhältnis von Fläche und Raum, von Malerei und Skulpturausgetragen worden ist. Dafür kehrt sie zu einer der Urszenen installativer Kunst überhauptzurück, zu Marcel Duchamps 16 Miles of String – einer Arbeit bei der Duchamp in eineAusstellung surrealistischer Malerei dadurch interveniert hat, dass er die Ausstellungsräumedurch Fäden verspannt und damit partiell unzugänglich gemacht hat. Dadurch wurde erstmalsdie Ausstellungssituation selbst, inklusive der Position und Bewegung der Betrachter_innenins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Von Duchamp aus spannt Maria Thrän den Fadenihrer Kunstgeschichte der Installation weiter zu den Arbeiten von Fred Sandback, die als eineReflexion auf die Flächigkeit der Malerei im Modus einer räumlichen Anordnung verstandenwerden können: Denn Sandbacks Faden-Installationen lassen sich als bildhafte Konstellationfeiner Linien auf neutralem Grund ebenso anblicken wie als Intervention in die Architektur desAusstellungsraums taktil erfahren – wodurch die unterschiedlichen Modi ästhetischerErfahrung ebenso reflexiv hervortreten wie die Traditionen der mit ihnen korrespondierendenKünste. Eine weitere Station der Geschichte ist eine Arbeit von Angela Bulloch (TheDisenchanted Forest x 1001), die 2005 den von Duchamp ausgelegten Faden erneutaufgenommen hat – nun aber mit einem Akzent auf der Frage, was es heißt, am Werk zupartizipieren.
Die Zusammenschau dieser unterschiedlichen Fadeninstallationen erfolgt bei Maria Thrän vordem Hintergrund eines kunsttheoretischen Interesses für den Status der traditionellen Künste(Malerei, Skulptur) ebenso wie für das Verhältnis von Werk und Betrachter. Dabei plädiert siefür einen Stand der Diskussion, bei dem die jeweiligen medialen Spezi fika der alten Künstegerade in Hybridformen neu verhandelt werden und auch dem imaginativen Einsatz derBetrachter_innen in den Formen der Kunst Rechnung getragen wird. Selbst die Malerei, dieman vorderhand vielleicht als die von diesen Entwicklungen ungerührteste Kunstformbezeichnen könnte, muss dann, wie Maria Thrän mit David Joselit argumentiert, als „besideitself“ verstanden werden. Sie kann auf dem Stand heutiger Diskussionen nicht mehr andersdenn installativ verstanden werden. Dem entsprechen „transitive“ künstlerische Arbeitsweisen,die Übergänge zwischen Werk und Umgebung, Werk und Betrachter sowie zwischen denalten Künsten thematisieren. In dieser Linie, damit endet die Theoriearbeit, versteht MariaThrän auch ihren eigenen künstlerischen Einsatz im praktischen Teil ihrer Diplomarbeit, beidem es um die Verhältnisse zwischen einer malerischen Praxis (Imke Greitzke) und einer ander Verräumlichung von Film und Sound interessierten Medienkunst (Maria Thrän) geht, diesich für den Anlass der Diplomarbeit als eine Gesamtinstallation präsentieren. Das (mediale)Eigenrecht der jeweiligen Arbeiten offenbart sich hier gerade dadurch, dass sie sich – „Zwei ineins“ – zusammenspannen. Die Arbeiten beider Künstlerinnen durchkreuzen und stützen sich,öffnen sich aufeinander und stoßen sich voneinander ab – die Betrachter_innen, die diesesSpannungsverhältnis auszutragen haben, erscheinen dabei als Schattenwurf, durchbrochendurch ein subtiles Fadengespinst aus Nylon.
cv
Imke Greitzke
1989 geboren in Saarbrücken
2012 bis 2018 Studium an der HfG Offenbach
Ausstellungen (Auswahl)
2019 Kornhäuschen, Aschaffenburg
2016 Coop-Show, AdBK Nürnberg u. HfG Offenbach, Zollamt Galerie Offenbach
2015 Walllust, mit der Kunsthochschule Weißensee, Kunsthalle Weißensee, Berlin
2014 Die Neue Hesslichkeit, Palais für aktuelle Kunst, Gluckstadt
2014 Festival der jungen Talente, kur. v. Roos Gortzak
cv
Maria Thrän
1984 geboren in Eisenach
2012 bis 2018 Studium an der HfG Offenbach
2005 bis 2010 Studium an der Goethe Universität Frankfurt (Kunstpädagogik u. Germanistik)
Ausstellungen (Auswahl)
2019 Kornhäuschen, Aschaffenburg
2018 Macao, Mailand Italien
2017 1822-Forum, Frankfurt
2016 Festival der jungen Talente, Frankfurter Kunstverein
2015 Zollamt Galerie Offenbach
2014 Frankfurt Evakuieren, Künstlerhaus Mousonturm, Frankfurt